Wie funktioniert Photovoltaik?

Ich bin mir sicher, viele von euch haben sich schon einmal gefragt, wie denn Photovoltaik überhaupt funktioniert. Zwar bin ich mir auch sicher, dass es der eine oder andere von euch bereits weiß, aber für all jene, die noch keine Idee haben, was hinter dieser so einfach erscheinenden Technik steckt, gibt es diesen Artikel. Eines sei schon jetzt gesagt, wer diesen Artikel nicht liest, hat ziemlich sicher etwas versäumt. Nehmt euch die paar Minuten und erlebt die Faszination Physik!

Im Grunde sagt der Name Photovoltaik schon vieles aus. Er bildet sich aus den Worten Photo und Volta. Das Wort Photo steht für das Licht, abgeleitet aus dem Griechischen. Das Wort Volta bezieht sich auf die elektrische Spannung. Namensgebend hierfür ist Graf Volta, ein italienischer Physiker. Grob gesagt heißt Photovoltaik die direkte Umwandlung von Sonnenlicht in Elektrizität.

1839 hat Becquerel den Photoeffekt (dazu später mehr) entdeckt. Das Zeitalter der Halbleitertechnik kam aber erst 100 Jahre später. Die erste Silizium-Solarzelle, entwickelt in den Bell-Laboratories 1954, weiste einen Wirkungsgrad von 5 % auf, war sehr teuer und  wichtiger Bestandteil bei der Planung des Weltraumprogrammes. Heute erreichen die kommerziell genutzten Module einen durchschnittlichen Wirkungsgrad von etwas mehr als 20 %, abhängig von ihrer Herstellung.

Die Funktionsweise der Solarzelle stützt sich auf das Atommodell nach Bohr, bei dem sich die Elektronen in Kreisbahnen um den Atomkern bewegen. Dies weiter auszuführen, mit Ruhemassen, Zentrifugalkraft, Elementarladung und Coulomb-Kraft ginge zu weit, weshalb es Sinn macht, mit dem Photoeffekt fortzusetzen.

Bohr´sches Atommodell

Der Photoeffekt beschreibt den Vorgang, wenn mit der Energie eines Photons(Lichtteilchen) ein Elektron in eine höhere Bahn(Bohrsches Atommodell) gehoben wird. Aus dem Photoeffekt ergibt sich folgende Formel: E=(h*c)/λ

Über diese Formel errechnet sich die Energie E eines Photons der Wellenlänge λ. Die Konstanten h (Planck´sches Wirkungsquantum = 6,6260755*10^-34 Js) und c (Lichtgeschwindigkeit = 2,99792458*10^8 m/s) ermöglichen die Berechnung. Hierbei handelt es sich aber um den äußeren Photoeffekt, der nur bei hochenergetischer Strahlung zum Einsatz kommt. Da die Photovoltaik hauptsächlich mit dem ultravioletten, infraroten und sichtbaren Licht arbeitet, muss in diesem Fall auf den inneren Photoeffekt zurückgegriffen werden.

Einzelelektronen nehmen genau definierte Energiezustände ein. Dies ist bei Molekülen nicht möglich. Bei Molekülen schließen sich die Elektronen zu identischen Energieniveaus zusammen und bilden sogenannte Energiebänder. Die Energiebänder können aber weiterhin nur eine begrenzte Anzahl von Elektronen aufnehmen. Die Bänder des Bändermodells werden nun vom ersten Band an nacheinander mit Elektronen aufgefüllt. Das letzte vollständig befüllte Band trägt den Namen Valenzelektronenband VB, das nächste darüber liegende Band, das entweder nur teilweise befüllt ist, oder gänzlich leer bleibt, nennt man Leiterband LB. Die räumliche Differenz zwischen VB und LB wird als verbotene Zone VZ bezeichnet und ist ein Energieabstand zwischen den Bändern, oder auch Bandabstand Eg genannt. Die Besetzung der Bänder durch Elektronen und der Bandabstand gliedern demnach die verschiedenen Festkörper in elektrische Leiter, Halbleiter und nicht leitende Isolatoren.

Für die Photovoltaik sind bloß die Halbleiter von entscheidender Bedeutung. Diese besitzen wie die Isolatoren ein unbesetztes Leitungsband LB, jedoch ist der Bandabstand verhältnismäßig so gering, dass er durch das Zuführen von Energie überwunden werden kann. Diese Energiezufuhr erfolgt durch ein Photon, das ein Elektron in das Leiterband LB hebt. Dieser Vorgang des Anhebens eines Elektrons durch ein Photon in das Leiterband LB nennt man innerer Photoeffekt.

Photoeffekt001

Abbildung von Valenzelektronenband und Leiterband beim inneren Photoeffekt

Für die Photovoltaik werden Halbleiter verwendet, die im Mittel vier Elektronen in der äußersten Elektronenschale, der Valenzelektronenschale besitzen. Dafür kommen Elementarhalbleiter wie die Elemente der 4. Gruppe des Periodensystems der Elemente in Frage. Silizium (Si), Germanium (Ge) und Zinn (Sn) sind Elemente dieser Gruppe. Es können aber auch Verbindungen aus zwei Elementen der 3. und 5. Gruppe, sowie der 2. und 4. verwendet werden.

Das häufigst verwendete Element in der PV-Technik ist derzeit das Silizium, das nach Sauerstoff das zweithäufigste Element der Erdkruste ist. Silizium besitzt je vier Elektronen in der Valenzelektronenschale. Verbindet sich jetzt ein Siliziumatom mit einem Nachbaratom, können jeweils ein Elektron beider Atome ein Paar bilden und gemeinsam genutzt werden. Mit vier Nachbarsiliziumatomen besitzt somit jedes Atom eine volle Valenzelektronenschale und erreicht die selbe stabile Elektronenkonfiguration eines Edelgases wie zum Beispiel Argon.
Das Valenzelektronenband VB ist dadurch voll besetzt und das Leiterband LB leer, wodurch sich sogenannte Defektelektronen bilden können und eine elektrische Eigenleitung des Halbleiters ermöglichen. Dieses Defektelektron kann vom Valenzband ins Leiterband gehoben werden und hinterlässt ein Loch. Das Verhältnis aus Defektelektronen und Löchern ist aber jeweils konstant 1:1. Es gibt für jedes frei Elektron (Defektelektron) einen Platz im Valenzelektronenband.

Kristallstruktur von Silizium und Darstellung der Defektelektronen und daraus entstehenden Löcher

Für die Erzeugung von elektrischem Strom ist die Eigenleitung des Halbleiters jedoch nicht zu gebrauchen, es wird auf die Störstellenleitung zurückgegriffen.
Um diese Störstellenleitung zu erzeugen, muss der Halbleiter dotiert werden. Das heißt, der Halbleiter wird mit einem Element der 3. oder 5. Gruppe versetzt. Dadurch wird der Halbleiter dotiert. Wird er mit einem Element der 5. Gruppe (z.B. Phosphor) versehen, gibt es ein zusätzliches Elektron im Valenzelektronenband, der Halbleiter wird negativer, er ist n-dotiert. Ein weiterer Halbleiter bekommt zusätzlich ein Element der 3. Hauptgruppe (Bor) in die Konfiguration und es gibt ein weiteres Loch im Valenzelektronenband, das dazu neigt, herumzuwandern. Durch diesen Prozess wird der Halbleiter positiver, p-dotiert.

Silizium als dotierter Halbleiter

Führt man diese Halbleiter zusammen, spricht man von einem Halbleiter mit p-Gebiet und n-Gebiet, verbunden über eine Raumladungszone, in dem die freien Löcher ins n-Gebiet und die freien Elektronen ins p-Gebiet diffundieren. Auf beiden Seiten gibt es jetzt verschiedene Ladungen und dadurch stellt sich eine Diffusionsspannung ein.

Aufgrund der Diffusion der freien Löcher und Elektronen kommt es zu einer Diffusionsspannung in der Raumladungszone

Treffen nun Photonen in der Raumladungszone auf die Atome, so werden Elektronen vom Valenzelektronenband ins Leiterband gehoben und wandern durch das elektrische Feld ins n-Gebiet. Schließt man an diesem Punkt einen elektrischen Verbraucher (Elektromotor, öffentliches Stromnetz) hinzu, schließt sich der Stromkreis.

Durch Anschluss eines elektrischen Verbrauchers  ist der elektrische Stromkreis geschlossen

Abschließend ist es noch relevant, welche Photonen auf die Solarzelle treffen. Wie Eingangs beschrieben haben die Photonen verschiedene Wellenlängen, die ausschlaggebend für die Energie, die sie mit sich tragen, sind. Tragen die Photonen zu viel oder zu wenig Energie mit sich, kommt es nicht zur gewünschten Ladungstrennung in der Raumladungszone, sondern zur Reflexion oder Transmission der Photonen, was bedeutet, dass sie entweder an der Oberfläche des Halbleiters abprallen oder ungenützt durch ihn durchschießen. Lediglich die Ladungstrennung führt zum gewünschten Effekt, einem geschlossenen Stromkreis.

Diese Abbildung zeigt den Querschnitt einer Solarzelle mit dem ganzflächigen Rückseitenkontakt, dem Halbleiter bestehend aus p- und n-Gebiet und den frontseitig angebrachten Fingerkontakten

Kurz zusammengefasst, wenn die Sonne scheint, treffen Photonen auf das PV-Modul. Die Photonen mit der optimalen Energie (Wellenlänge) verursachen die Ladungstrennung und heben Elektronen des p-Gebietes in das Leiterband, von wo aus sie ins n-Gebiet abrutschen und ins Valenzband zurückfallen. Der Spannungsunterschied, der dadurch entsteht, dass die Elektronen vom p- ins n-Gebiet abrutschen wird vom öffentlichen Netz genutzt und in unseren Steckdosen verbraucht. Die Fingerkontakte auf der Oberseite und der Rückseitenkontakt dienen nur dem Transport der Elektronen.

Ich hoffe, ich konnte halbwegs verständlich erklären, wie der Generator Photovoltaik bei Sonnenstrom unseren netten Energiebündelstrom produziert. Als Quelle für diesen Artikel diente mir ein Auszug von

ERNEUERBARE ENERGIEN UND KLIMASCHUTZ: HINTERGRÜNDE – TECHNIKEN – ANLAGENPLANUNG – WIRTSCHAFTLICHKEIT VONVOLKER QUASCHNING

Ich freue mich schon auf eventuelle Fragen oder eine Diskussion zu diesem Artikel. Wenn dir eventuelle Fehler (sowohl inhaltlich als auch die Rechtschreibung betreffend) auffallen, bitte ich dich, mir das mitzuteilen, damit ich diesen Artikel noch einmal überarbeiten kann. Bei regem Interesse lasse ich Artikel folgen, die die Herstellung von Solarzellen, die verschiedenen Arten von Modulen oder die Funktion von Wechselrichtern erklären.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Summerer und das Team von Energiebündel Weinviertel